Was ist eine Patientenverfügung?
Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der Sie eine bestimmte medizinische Behandlung
vorweg für den Fall ablehnen können, dass Sie im Anlassfall nicht mehr einsichts- und urteilsfähig sein
sollten oder sich nicht mehr (weder mit Worten, Gesten noch schriftlich) äußern können.
Die Patientenverfügung ist eine weitere Form der Selbstbestimmung für Sie als Patient. Im Gegensatz zu
einer aktuellen Behandlungsablehnung verlangt der Gesetzgeber bei der vorweggenommenen Ablehnung die
Einhaltung gewisser Formvorschriften.
Das Gesetz sieht zwei Formen der Patientenverfügung vor:
- die verbindliche Patientenverfügung und
- andere (vormals „beachtliche“) Patientenverfügungen
Beide sind, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, vom Arzt zu befolgen. „Andere“
Patientenverfügungen müssen aber nicht so strenge formale Kriterien erfüllen wie die verbindliche (dazu
auch noch unten).
Wer kann eine Patientenverfügung errichten?
Jede einsichts- und urteilsfähige Person kann eine Patientenverfügung errichten. Die Person muss also in
der Lage sein, den Grund und die Bedeutung einer abgelehnten Behandlung einzusehen und ihren Willen nach
dieser Einsicht zu bestimmen.
Die Einsichts- und Urteilsfähigkeit ist unabhängig vom Alter. Das Vorliegen der Einsichts- und
Urteilsfähigkeit wird vom Gesetzgeber ab dem 14. Lebensjahr vermutet. Eine Patientenverfügung kann aber
immer nur höchstpersönlich, d.h. durch Sie selbst errichtet werden, also zum Beispiel nicht durch einen
Stellvertreter, Sachwalter oder Ihre Eltern.
Welcher Arzt kann die ärztliche Aufklärung für die Erstellung einer Patientenverfügung durchführen?
Die ärztliche Aufklärung kann gemäß der gesetzlichen Vorgaben von jedem Arzt durchgeführt werden, der die
entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten hat.
Worüber sollten Sie sich vor Erstellung Ihrer Patientenverfügung und vor Ihrem ärztlichen
Aufklärungsgespräch unbedingt Gedanken machen?
Warum will ich eine Patientenverfügung errichten?
Die Praxis hat uns gezeigt, dass Patientenverfügungen vor allem von drei Personengruppen errichtet
werden:
- Älteren Personen, die bestimmte Behandlungen in ihrer letzten Lebensphase ablehnen wollen
- Bereits erkrankten Personen, wie z.B. Krebspatienten, ALS-Patienten etc.;
- Personen, die aus religiösen Gründen eine Behandlung ablehnen, wie z.B. die Ablehnung von
Fremdblutgabe
Oftmals wollen vor allem jene Personen eine Patientenverfügung errichten, die schon Angehörige in der
letzten Phase ihres Lebens betreut und begleitet haben. Aufgrund dieser Erfahrung haben sie genaue
Vorstellungen von ihrem eigenen Sterben, bzw. darüber, welche Maßnahmen sie gegebenenfalls jedenfalls
ablehnen würden.
Im Zentrum steht oftmals der Wunsch, „ohne Schläuche“ sterben zu wollen und die Absicht zu verhindern,
dass es zu einer unnötigen Verlängerung des Sterbeprozesses kommt. Mit Ihrer Patientenverfügung können Sie
allerdings nur konkrete medizinische Maßnahmen ablehnen, nicht jedoch solche anordnen.
Wie groß muss meine Vorkenntnis oder mein Wissensstand über die Möglichkeit der Errichtung einer
Patientenverfügung sein, bevor ich einen Termin zur Errichtung meiner Patientenverfügung vereinbare?
Grundsätzlich müssen Sie hier über kein Basiswissen verfügen bzw. ist es hier völlig ausreichend, wenn
Sie sich nur unsere gegenständliche Informationsseite kurz durchgelesen haben und unseren
Online-Erfassungssystem durchgegangen sind. Aber natürlich ist es hier sinnvoll, wenn Sie sich noch
vertiefender mit der Sache auseinandergesetzt haben. Wir dürfen Sie hier zum Beispiel auch auf
entsprechende Informationsbroschüren aufmerksam machen, die kostenlos bei diversen anderen
Beratungsstellen z. B. dem Bundesministerium für Gesundheit (www.bmg.gv.at)
Patientenanwaltschaften (www.patientenanwalt.com);
Hospiz etc.
angefordert oder heruntergeladen werden können.
Oft ist es auch hilfreich, wenn Sie im Vorfeld Gespräche mit vertrauten Personen oder Angehörigen führen
und niederschreiben, welche Maßnahmen Sie ablehnen wollen, wie Sie sich die betreffende
Behandlungssituation vorstellen und welche Fragen Sie in diesem Zusammenhang beschäftigen. Denn zuerst
müssen Sie sich darüber klar werden, ob und warum Sie überhaupt eine Patientenverfügung erstellen möchten.
Erst wenn Sie sich mit den möglichen Inhalten einer Patientenverfügung auseinandergesetzt haben, ist es
sinnvoll unser Online-Erfassungssystem zu durchlaufen und einen Termin mit dem Arzt und mit uns zur
Erstellung Ihrer Patientenverfügung zu vereinbaren. Denn wenn Sie sich nicht schon im Vorfeld mit dem
Thema zumindest in Grundzügen befassen sollten, könnte es sein, dass im Rahmen des Aufklärungsgesprächs
festgestellt wird, dass Sie tatsächlich noch nicht so weit sind.
Welche Form der Patientenverfügung möchte ich errichten?
Das PatVG unterscheidet zwischen einer verbindlichen und „anderen“ Patientenverfügungen. Während man bei
der Ersteren sehr genaue Formvorschriften (Bestätigung der ärztlichen Aufklärung, Errichtung vor einem
Notar, Rechtsanwalt oder rechtskundigen Patientenvertreter) einzuhalten hat und diese nach der derzeit
geltenden Gesetzeslage (mindestens) alle acht Jahre unter denselben strengen Bedingungen erneuern muss,
sieht der Gesetzgeber keine strengen Errichtungsvorschriften für die „andere“ Patientenverfügung vor. Je
konkreter sich ein Krankheitsverlauf abzeichnet und je genauer mögliche Situationen beschrieben werden
können, desto eher erscheint aber eine verbindliche Patientenverfügung sinnvoll.
Wenn Sie genau wissen sollten, welche medizinischen Maßnahmen Sie ablehnen wollen und Sie unter allen
Umständen möchten, dass diese Maßnahmen unterbleiben, bietet sich eine verbindliche Patientenverfügung
an.
Wenn Sie aber bloß eine gewisse Orientierungshilfe für den Arzt erstellen wollen und Sie keine genaue
Vorstellungen davon haben sollten, welche medizinische Maßnahmen Sie im konkreten Fall ablehnen möchten,
sollten Sie sich besser zur Errichtung einer „anderen“ Patientenverfügung entschließen.
Beide vorstehend beschriebenen Formen der Patientenverfügung sind wichtige Instrumente zur Stärkung der
Selbstbestimmung und müssen jedenfalls vom Arzt beachtet werden, je nach Form aber in unterschiedlicher
Weise.
Was bedeutet es, wenn ich eine verbindliche Patientenverfügung errichte?
Im Fall einer verbindlichen Patientenverfügung hat sich Ihr behandelnder Arzt, wenn Sie nicht mehr
einsichts- und urteilsfähig und/oder äußerungsfähig sind, an Ihre Patientenverfügung zu halten und darf
die von Ihnen abgelehnten Maßnahmen keinesfalls durchführen!
ACHTUNG: Hierbei können Sie auch lebensrettende Maßnahmen ablehnen, selbst wenn diese Entscheidung
u. U. zu Ihrem Tod führt.
Voraussetzungen für die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung sind daher besonders streng.
Und zwar:
- Ihre höchstpersönliche Errichtung und Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit
- Ärztliche Aufklärung
- Errichtung vor einem Rechtsanwalt/Notar oder rechtskundigen Patientenvertreter
- Ablehnung bestimmter medizinischer Behandlungen
- Aktualität (grundsätzlich gilt die verbindliche Patientenverfügung derzeit maximal acht Jahre)
Was bedeutet es, wenn ich eine „andere“ Patientenverfügung errichte?
Fehlt auch nur eine der oben genannten Voraussetzungen für eine verbindliche Patientenverfügung,
handelt es sich um eine „andere“ Verfügung. Je mehr Voraussetzungen allerdings erfüllt sind, umso eher
ist sie für den Arzt beachtlich.
In jedem Fall ist die „andere“ Patientenverfügung eine Orientierungshilfe für den Arzt, um den
Patientenwillen zu ermitteln. Ist die „andere“ Patientenverfügung weniger bestimmt, muss in
Ermangelung eines sonstigen gesetzlichen Vertreters ein Erwachsenenschutzvertreter bestellt werden,
sofern Sie hier nicht anders vorgesorgt haben und hat sich dieser dann nach dem in der
Patientenverfügung geäußerten Willen zu richten.
Auch wenn der Gesetzgeber keine zwingende ärztliche Aufklärung für die Errichtung einer „anderen“
Patientenverfügung vorschreibt, ist diese jedenfalls ratsam. Eine „andere“ Patientenverfügung kann
auch vor einem Patientenanwalt, Rechtsanwalt oder Notar errichtet werden.
Die Praxis hat uns gezeigt, dass „andere“ Patientenverfügungen vor allem bei jenen Patienten eine
große Rolle spielen, die bereits erkrankt sind, sehr gut über den weiteren Verlauf ihrer Erkrankung
informiert sind und in ständigem Kontakt mit ihrem behandelnden Arzt stehen. Aufgrund dieses engen
Vertrauensverhältnisses ist es für die meisten Patienten nicht erforderlich, eine verbindliche
Patientenverfügung zu errichten. Die strengen Errichtungsvorschriften wären in diesen Fällen eine
unnötige Belastung für die Patienten.
Inhalt der ärztlichen Aufklärung
Das Gesetz sieht vor, dass der Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung eine umfassende
ärztliche Aufklärung einschließlich einer Information über Wesen und Folgen der Patientenverfügung für
die medizinische Behandlung vorangehen muss.
Der Patient kann daher bei einer verbindlichen Patientenverfügung nicht auf die ärztliche Aufklärung
verzichten!
Welche konkreten Maßnahmen lehnen Sie ab?
Gegenstand einer Patientenverfügung kann nur die Ablehnung einer oder mehrerer bestimmter medizinischer
Behandlungen sein.
Die Behandlungen, die abgelehnt werden, müssen konkret beschrieben sein und/oder eindeutig aus dem
Gesamtzusammenhang der Patientenverfügung hervorgehen. Die Praxis hat Ärzten gezeigt, dass die Patienten
oft nur eine vage Vorstellung davon haben, was eine Patientenverfügung ist und welche Funktion sie hat.
In vielen Fällen wollen die Patienten eine Patientenverfügung mit dem Wunsch zum Inhalt errichten, nicht
„unnötig“ lange am Leben erhalten zu werden. Dies ist aber zu unbestimmt und kann daher nicht Inhalt
einer verbindlichen Patientenverfügung sein!
Bei jeder Ihrer prinzipiellen Ablehnung von medizinischen Maßnahmen (künstliche Beatmung etc.) sollten
Sie sich daher genauer fragen und mit Ihrem aufklärenden Arzt unmissverständlich klären, ob Ihre
Vorstellung und Einschätzung dieser Maßnahme mit dem objektiven Geschehen übereinstimmt. Gibt es also
allenfalls nicht doch Situationen, in denen manche der abgelehnten Behandlungen für Sie sehr wohl Sinn
machen könnten? Gibt es allenfalls auch Alternativen zur abgelehnten Behandlung, welche die
unerwünschten Folgen oder Begleiterscheinungen nicht aufweisen?
Können Sie eine künstliche Ernährung ablehnen?
Pflegerische Maßnahmen, wie z. B. die Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit, können mit einer
Patientenverfügung nicht abgelehnt werden. Das Legen von Magensonden sowie die Durchführung von
Sondenernährung bei liegenden Magensonden sind demgegenüber ärztliche Tätigkeiten und können daher von
Ihnen mittels Patientenverfügung abgelehnt werden!
Unzulässige Inhalte einer Patientenverfügung
Die Anordnung einer bestimmten Handlung kann nicht Inhalt einer Patientenverfügung sein. Sie haben also
nicht das Recht, eine medizinisch nicht indizierte Behandlung zu verlangen.
Das PatVG berührt nicht die strafrechtlichen Verbote der Mitwirkung am Selbstmord und der Tötung auf
Verlangen. Die so genannte „aktive direkte Sterbehilfe“ bleibt daher in Österreich auch weiterhin
verboten. Der Wunsch nach aktiver direkter Sterbehilfe kann nicht Inhalt einer Patientenverfügung sein
und darf daher nicht beachtet werden. Weiters kann der Patient durch eine Patientenverfügung die ihm
allenfalls aufgrund besonderer Rechtsvorschriften auferlegten Pflichten, sich einer Behandlung zu
unterziehen, nicht einschränken (z. B. im Epidemiegesetz, Covid19).
Sonstige Inhalte
Eine Patientenverfügung kann auch weitere Anmerkungen enthalten, wie z.B. die Benennung einer
Vertrauensperson, die Ablehnung des Kontakts zu einer bestimmten Person oder die Verpflichtung zur
Information einer bestimmten Person. Diese sind für die Rechtsverbindlichkeit nicht entscheidend,
können aber für die behandelnden Ärzte eine wichtige Orientierungshilfe sein.
Beurteilung der Folgeneinschätzung: Aufklärung über Wesen und Folgen der Patientenverfügung für
die medizinische Behandlung
Das Gesetz sieht vor, dass der Arzt den Patienten umfassend darüber aufklären muss, was die
Errichtung einer Patientenverfügung medizinisch bedeutet, ob alternative Methoden bestehen und was die
medizinischen Folgen sein können, wenn die von ihm abgelehnte Maßnahme nicht durchgeführt wird.
Der aufklärende Arzt hat in Ihrer Patientenverfügung darzulegen, dass Sie die Folgen auch zutreffend
einschätzen, weshalb es auch so wichtig ist, dass Sie sich auch schon im Vorfeld mit dem Thema
Patientenverfügung vertiefend beschäftigen. Sie sollten die Behandlung bestimmter Krankheiten also
keinesfalls unreflektiert ablehnen.
Es wird an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass eine Patientenverfügung natürlich niemals eine
Versicherung dafür ist, dass in den letzten Wochen und Tagen Ihres Lebens alles genau so ablaufen
wird, wie Sie es sich heute wünschen. Oft verläuft der Krankheitsfall auch anders als dies vorab
besprochen wurde oder der Stand der medizinischen Wissenschaft hat sich in der Zwischenzeit so
gravierend verändert, dass der Arzt nicht mehr von einer verbindlichen Ablehnung des Patienten
ausgehen kann.
Dokumentation der ärztlichen Aufklärung
Insbesondere folgende Punkte werden von unserem Arzt im Rahmen des mit Ihnen stattfindenden Gesprächs
erläutert und dokumentiert werden:
- Vornahme der Aufklärung selbst
- Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit
- Darlegung, dass und aus welchen Gründen Sie die Folgen Ihrer Patientenverfügung zutreffend
einschätzen
- Name und Anschrift des aufklärenden Arztes
- Eigenhändige Unterschrift Ihrerseits
Diese Punkte müssen in der Patientenverfügung dokumentiert werden.
Wie lange gilt meine Patientenverfügung?
Grundsätzlich verliert die verbindliche Patientenverfügung nach der derzeit gültigen Gesetzeslage
nach Ablauf von acht Jahren ab der Errichtung ihre Verbindlichkeit, es sei denn, der Patient hat eine
kürzere Frist bestimmt.
Nach Erneuerung der Patientenverfügung beginnt nach der derzeit gültigen Gesetzeslage die Frist von
acht Jahren neu zu laufen.
Kann der Patient wegen des Verlusts der Einsichts-, Urteils- oder Äußerungsfähigkeit die
Patientenverfügung nicht erneuern, verliert die Patientenverfügung ihre Verbindlichkeit nicht.
Beispiel: Drei Jahre nach Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung fällt der Patient
ins Koma und ist nicht mehr ansprechbar. Die Patientenverfügung bleibt auch nach Ablauf von acht
Jahren verbindlich.
Zur
Patientenverfügung – schnell und günstig